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EU Sondergipfel: Haben wir nun einen Kalten Krieg 2.0?

  • Jaro
  • 7. März
  • 3 Min. Lesezeit

800 Mrd. Euro - so schwer soll das neue Rüstungspaket der EU-Kommission werden. “ReArm Europe“ - so heißt der vorgestellte Plan. Und das steckt auch drin. 150 Mrd. Euro gelten als sichere Kredite, die den investitonsschwachen Staaten als Darlehen zur Verfügung gestellt werden, bis auf 800 Mrd. kann die Summe für Verteidigungsausgaben aber ansteigen, bezieht man alle Maßnahmen ein, die getroffen werden sollen. Die Zeitenwende, die Olaf Scholz vor gut drei Jahren ausgerufen hat, ist spätestens jetzt real. Alle Spitzen der 27 Mitgliedsstaaten einigten sich darauf, die allgemeine Verteidigungsbereitschaft zu erhöhen, kritische Fähigkeitslücken zu schließen und eine industrielle Grundlage für verteidigungstechnologische Produktion zu schaffen. Frankreichs Präsident Macron bieten sogar an, EU-Staaten unter den französischen Atomschirm aufzunehmen. Polens Regierungschef Donald Tusk formuliert sehr drastische Worte, um die neuen Beschlüsse und die Gründe dafür zu beschreiben. Laut ihm, müsse „Europa das Wettrüsten mit Russland gewinnen“. Haben wir nun einen kalten Krieg 2.0?

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Die Fronten verhärten sich an vielen Stellen. Das Tischtuch zwischen Russland und Europa ist schon länger zerrissen, doch auch die USA unter Donald Trump beginnt nun, die Europäer immer mehr als Konkurrenten statt als Verbündete zu betrachten. Besonders, aber nicht nur, das Verhältnis zur Ukraine und Präsident Selenskyj ist zerrüttet. Nicht erst seit gestern fordert Trump, dass die europäischen NATO-Staaten - wollen sie weiter Schutz durch die USA genießen - ihre Verteidigungsausgaben angemessen erhöhen müssten. Ebenfalls nicht erst seit gestern ist bekannt, dass Trump ein Mann der großen Worte und des Mottos „Eine Hand wäscht die andere“ ist. Natürlich: das europäische Militär muss verteidigungsfähig und auch ohne die USA in der Lage sein, sich im Ernstfall verteidigen zu können. Die Töne, die dabei angeschlagen werden, rufen jedoch dunkle Erinnerungen aus vermeintlich vergangenen Zeiten wach.


Es war der November 1983 als NATO-Staaten - mit hauptsächlich amerikanischer, britischer und deutscher Beteiligung - ein groß angelegtes Manöver durchführten, das das Verhalten in einem Atomkrieg simulieren sollte. Diese als Übung ausgelegte Militäraktion löste jedoch beinahe den Ernstfall aus, wie Papiere des britischen Geheimdienstes belegen. In Moskau verstand man das Manöver als eine Vorbereitung auf einen atomaren Erstschlag der Westmächte. Truppen in der ganzen Sowjetunion wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Nur den sofortigen Bemühungen der amerikanischen und britischen Staatschef war es zu verdanken, dass Fehler eingeräumt und eine mögliche Eskalation verhindert wurden. Die damalige Premierministerin Thatcher wollte alles in ihrer Macht stehende tun, damit ein solcher Fehler nicht noch einmal passiert. Der “Guardian“ berichtete, dass dieses Ereignis ein Umdenken in Europa und Amerika herbeiführte und Einigkeit darüber herrschte, dass der eiserne Vorhang fallen müsse. Von nicht wenigen werden den Geschehnissen des Novembers 1983 größeres Eskalationspotenzial zugeschrieben als der Kuba-Krise von 1962. Müssen wir erst wieder an einen solchen Punkt gelangen, um zu begreifen, dass massenhaftes Aufrüsten und das Verklären atomarer Abschreckung als beste Friedenssicherung nicht die geeignetste Lösung sind?


Die Schnelle, in der in Europa aktuell Entscheidungen über mehr Rüstungsausgaben getroffen werden, ist enorm, gar schon überwältigend, wenn man sie mit anderen Bereichen vergleicht, in denen es oft Monate oder Jahre dauert, bis es zu einer Einigung kommt. Bezeichnend dafür ist auch das gemeinsame Handeln von CDU und SPD, die nun im überraschend einvernehmlichen Konsens mal so eben ein Sondervermögen für die Bundeswehr von 500 Mrd. Euro aus dem Boden gestampft haben. Nicht mehr nur im eigenen Land, sondern auch in der EU macht sich die Bundesrepublik mittlerweile für eine Lockerung der Schuldenpolitik stark, um solche Summen finanzieren zu können. Ohne Frage, das deutsche Militär hat massiven Sanierungs- und Investitionsbedarf und es muss etwas getan werden, um Deutschland für den Ernstfall verteidigungsfähig zu machen. Wo aber bleiben die großzügig formulierten Summen für Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz? Auch diese Themen sind Generationenprobleme und werden, wenn sie nicht richtig angegangen werden, zu massiven Einschränkungen des allgemeinen Lebens führen.


Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, dass wir die gleiche Situation wie im Jahr 1983 haben. Eine solche beinahe-Eskaltion ist nun allerdings längst nicht mehr so weit entfernt wie vor einigen Jahren noch. Bei all dem notwendigen Aufrüsten und den sinnvollen Investitionen, sollten die handelnden Akteure nicht vergessen, was einmal gerade so noch abgewendet werden konnte und dass wir nur eine Erde haben auf der wir leben können. Wenn wir uns zum Ziel machen „den Rüstungswettlauf gegen Russland zu gewinnen“ und uns von Donald Trump in Sachen eigenständiger Verteidigung treiben lassen, dann kommen wir der Spirale vom kalten Krieg

wieder unheimlich nahe. Die Wortwahl einiger Staatschefs und Verteidigungspolitiker macht daher tatsächlich Sorge. Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen hat es bereits treffend ausgedrückt: „Es ist eine brandgefährliche Situation.“


Wie stehst du zu den Beschlüssen der EU-Staaten über ein massives Aufrüsten? Schreib es in die Kommentare!

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